Körperlichkeit und Körpervorstellungen in der Vormoderne als methodische und praktische Herausforderungen

Körperlichkeit und Körpervorstellungen in der Vormoderne als methodische und praktische Herausforderungen

Veranstalter
Prof. Dr. Maren Lorenz, Ruhr-Universität Bochum
Gefördert durch
DFG
PLZ
44787
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
18.07.2024 - 19.07.2024
Deadline
08.03.2024
Von
Kerstin Lischka, Historisches Institut, Ruhr-Universität Bochum

Call for Papers für den Theorie- und Methodenworkshop, der am 18. und 19. Juli 2024 am Lehrstuhl für Frühe Neuzeit und Geschlechtergeschichte im Rahmen des DFG-Projekts „Körperbeherrschung. Konfessionalisierte Ehegerichtsbarkeit in den Hohenloher Territorien zwischen (bevölkerungs-) politischem Verfahren und persönlichem Konflikt, 1648–1806“ in Bochum stattfinden wird.

Körperlichkeit und Körpervorstellungen in der Vormoderne als methodische und praktische Herausforderungen

Körper sind omnipräsent und Kristallisationspunkt von Werten und Normen in Gegenwart wie Vergangenheit. In den Geschichtswissenschaften haben sich historische Repräsentationen von Körperlichkeit seit den 1990er Jahren als Forschungsgegenstand etabliert. Die Körpergeschichte hat sich mittlerweile zu einer beinahe ubiquitären Forschungsperspektive entwickelt. Dabei hat sie im Rückgriff auf ganz unterschiedliche theoretisch-methodische Ansätze bislang eine Vielzahl von Aspekten in den Blick genommen, darunter Körpererfahrungen, Körperwissen, Körperpraktiken, Körpertechniken, rekonstruiert aber vor allem, wie in vergangenen Gesellschaften durch je spezifische Körpervorstellungen Macht- und Herrschaft, soziale Strukturen und Institutionen legitimiert bzw. delegitimiert wurden. Durch ihre körperbezogenen Fragestellungen wurden bereits bekannte Quellen anders befragt, aber auch völlig neue Quellengruppen erschlossen. Auch die Verzahnung der Kategorie Körper mit anderen Analysekategorien wie Geschlecht, Stand, Alter und Religion/Konfession und last but not least, Ethnisierung/Rassifizierung, hat sich in der Praxis als produktiv erwiesen und erst sichtbar gemacht, wie gesellschaftliche Differenzierung über Körpernormen und Ontologisierung von Körperlichkeit im Wortsinne ‚subkutan‘ hergestellt wird, wie Hierarchisierungen, Prozesse und Strukturen von Inklusion und Exklusion legitimiert und dabei gleichzeitig dem Diskursivierbaren scheinbar entzogen werden.

Mittlerweile besteht in der aktuellen körpergeschichtlichen Forschung weitgehend Konsens darüber, dass der Kollektivbegriff Körper nicht als anthropologische, bio-chemisch zu identifizierende Konstante betrachtet werden kann, sondern, dass selbst individuelle Körper kontextspezifisch und immer über medial vermittelte (auch verschiedene Sinne ansprechende non-verbale) ‚Sprache‘ Körper- und damit Welterfahrung erst generieren, somit wandelbar sind und nicht transhistorisch oder transkulturell Geltung beanspruchen können. Vor diesem Grundkonsens wird im Rahmen des Workshops die unterschiedliche methodische und arbeitspraktische Herangehensweise aktueller Dissertationsprojekte an den historischen Forschungsgegenstand Körper/Körperlichkeit reflektiert.

Um verschiedene methodisch-theoretisch in der Körpergeschichte und zeitlich in der Vormoderne verortete Projekte und ihre unterschiedlichen Herausforderungen miteinander ins Gespräch zu bringen, möchten die HistorikerInnen des o.g. Bochumer DFG-Projekts interessierte Doktorand:innen der Vormoderne (Spätmittelalter bis ‚Sattelzeit‘, auch transnational und globalhistorische Projekte sind herzlich willkommen) zu einem zweitägigen Workshop einladen.
Im Rahmen dieses Workshops sollen aktuelle Herausforderungen der Körpergeschichte sowie theoretisch-methodische Zugänge anhand der eigenen Forschung ausführlicher diskutiert werden. Doktorand:innen der Historischen Wissenschaften sind herzlich eingeladen, in kurzen Vorträgen (20 min.) ihre Quellengrundlagen, theoretische Konzeption und den konkreten eigenen Zugang vorzustellen. Die Projektkonzepte werden von ausgewiesenen Expertinnen kommentiert und im Anschluss gemeinsam diskutiert. Ziel des Workshops ist es, im Austausch miteinander die unterschiedlichen Herangehensweisen an konkreten Beispielen und Problemen zu reflektieren, so Impulse für die jeweils eigene Forschungsarbeit zu erhalten und dadurch zur Weiterentwicklung der Promotionsprojekte beizutragen.

Der Workshop wird am 18. und 19. Juli 2024 in Bochum stattfinden. Interessent:innen senden bitte ein Abstract zum eigenen Promotionsprojekt mit einer Konkretisierung in Bezug auf ihre körperhistorischen Fragestellungen und die konkreten Herausforderungen des gewählten theoretisch-methodischen Ansatzes (max. 500 Wörter) sowie eine Kurzvita bis zum 08. März 2024 an markus.albuschat@rub.de. Reise- und Übernachtungskosten der Beitragenden werden übernommen (Bahnfahrt 2. Klasse, bis zu zwei Übernachtungen).

Expertinnen:
1. Dr. Julia Heinemann (Universität Antwerpen)
2. Prof. Dr. Michaela Hohkamp (Leibniz Universität Hannover)
3. Prof. Dr. Xenia von Tippelskirch (Goethe-Universität Frankfurt/M.)

Auswahlbibliographie:
Dinges, Martin/Pfütsch, Pierre (Hgg.): Männlichkeiten in der Frühmoderne. Körper, Gesundheit und Krankheit (1500–1850), Stuttgart 2020.

Holmes, Brooke: Let Go of Laqueur. Towards New Histories of the Sexed Body, in: Eugesta 9 (2019), S. 136–175.

Kalof, Linda/Bynum, William (Hgg.): A Cultural History of the Human Body, 6 Bände, New York 2010.

Lorenz, Maren: Tiefe Wunden. Gewalterfahrung in den Kriegen der Frühen Neuzeit, in: Bielefeld, Ulrich/Bude, Heinz/Greiner, Bernd (Hgg.): Gesellschaft – Gewalt – Vertrauen. Jan Philipp Reemtsma zum 60. Geburtstag, Hamburg 2012, S. 332–354.

Lorenz, Maren: Methoden der Körpergeschichte, in: Haas, Stefan (Hg.): Handbuch Methoden der Geschichtswissenschaft, Wiesbaden 2023, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27798-7_30-1.

Missfelder, Jan-Friedrich: Ganzkörpergeschichte. Sinne, Sinn und Sinnlichkeit für eine Historische Anthropologie, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 39 (2/2014), S. 457–475.

Nolte, Cordula/Frohne, Bianca/Halle, Uta/Kerth, Sonja (Hgg.): Dis/ability History der Vormoderne. Ein Handbuch, Affalterbach 2017.

Palm, Kerstin: Biologie. Materielle Dimensionen von Geschlecht in biologisch-kritischer Perspektive, in: Kortendiek, Beate/Riegraf, Birgit/Sabisch, Katja (Hgg.): Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung, Wiesbaden 2018, https://doi.org/10.1007/978-3-658-12500-4_137-1.

Pomata, Gianna: Body, Remember. A Plaidoyer for the History of the Body’s Expressiveness, in: Fischer, Elisabeth/Tippelskirch, Xenia von (Hgg.): Bodies in Early Modern Religious Dissent, New York 2021, S. 25–40.

Ruberg, Willemijn: History of the Body, London 2020.

Schmincke, Imke: Body Politic – Biopolitik – Körperpolitik. Eine begriffsgeschichtliche Rekonstruktion der Body Politics, in: Body Politics 7 (2019), S. 15–40.

Schnegg, Kordula/Grabner-Niel, Elisabeth (Hgg.): Körper er-fassen. Körpererfahrungen, Körpervorstellungen, Körperkonzepte, Innsbruck u. a. 2010.

Toulalan, Sarah/Fisher, Kate (Hgg.): The Routledge History of Sex and the Body. 1500 to the Present, London/New York 2013.

Voß, Heinz-Jürgen: Making Sex Revisited. Dekonstruktion des Geschlechts aus biologisch-medizinischer Perspektive, Bielefeld 2010.

Zettelbauer, Heidrun et al. (Hgg.): Verkörperungen – Embodiment. Transdisziplinäre Analysen zu Geschlecht und Körper in der Geschichte, Göttingen 2017.

Kontakt

E-Mail: Markus.Albuschat@rub.de
E-Mail: Kerstin.Lischka@rub.de
E-Mail: Christina.Schroeder@rub.de

https://www.ruhr-uni-bochum.de/fnzgg/
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